Wo ist Gott, wenn mein Leben zerbricht? Wo ist Gott, wenn mir der Boden unter den Füßen weggezogen wird, ohne dass ich etwas dagegen tun kann? Wo ist Gott in meiner Trauer, meiner Angst, meiner Wut, meiner Machtlosigkeit, meiner Einsamkeit, meiner Zerrissenheit, meinem Schmerz? – Wo ist er?
Genauso habe ich mich in den letzten Monaten gefühlt. Diese Fragen habe ich mir gestellt als im Sommer letzten Jahres bei meinen beiden Eltern, innerhalb von zwei Monaten ein schnellwachsender Krebs festgestellt wurde. Wo ist Gott während ich zwischen Pflegeheim und Krankenhaus hin- und herfahre, um beide auf ihrem letzten Weg zu begleiten? Wo ist er während ich im November vor dem Grab meiner Mutter stehe? Sie ist tot – nie wieder mit ihr reden, nie wieder zusammen lachen, nie wieder ein Mama- Tochter Gespräch führen. Wo ist Gott in der Zeit wo ich zusehen muss, wie mein Vater immer mehr abbaut und er mir mit schmerzverzerrtem Gesicht sagt, dass er mich über alles liebt und mich nicht allein lassen möchte. Wo ist Gott während ich erleben muss, dass fünf Monate nach dem Tod meiner Mutter mein Vater, der nächste wichtige Mensch in meinem Leben ist, der für immer die Augen schließt? Wo ist Gott in all’ der Trauer, Verzweiflung, Überforderung, Angst, Wut, Machtlosigkeit, Einsamkeit, Zerrissenheit und Schmerz?
Als meine Mutter starb und ich an einem der tiefsten Punkte meines Lebens war, sprach Gott drei Worte in meine Gedanken hinein:
Ich bin da!
Der Friede, der durch diese Worte ausgelöst wurde, ist schwer zu beschreiben. An meiner Situation hatte sich nichts geändert, aber ich wusste, dass Gott mit mir ist, mich sieht, meine Verzweiflung kennt und mich nie loslassen wird, egal was noch kommen wird. In dieser Zeit hat mir Gott auf unterschiedliche Art und Weisen immer wieder gesagt und gezeigt, dass er da ist, dass er an meiner Seite ist und mit mir durch dieses Tal hindurch gehen wird.
Ich habe in dieser Extremsituation erlebt, dass Gott immer noch die Kontrolle über mein Leben hat und mich versorgt, auch wenn alles was mir vertraut ist innerhalb kürzester Zeit zerbricht. Mein Bruder und ich haben in dieser Zeit viele Wunder erlebt. Gott hat uns genau zur richtigen Zeit genau die Menschen geschickt, die wir gebraucht haben. Zum Beispiel hat Gott uns sofort einen Pflegeplatz für unsere Mutter geschenkt (normalerweise gibt es lange Wartelisten) und uns bis zum Ende eine sehr wertvolle gemeinsame Zeit erleben lassen.
Wie Gott mir noch begegnete…
Während eines Gottesdienstes hat Gott mir durch ein Bild gezeigt, wie wertvoll meine Gefühle sind und wie kostbar jede einzelne meiner Tränen in seinen Augen ist: Ich betrat einen dunklen Raum. Mein Blick wanderte sofort an die Decke des Raumes. Dort hingen an dünnen Fäden tausende von glitzernden und funkelnden Diamanten. Sie waren an unterschiedlich langen Fäden aufgehängt und es sah aus, als würden funkelnde Wellen über die Decke rollen. Als ich zur Seite blickte sah ich, wie Gott der Vater gerade damit beschäftigt war, Diamanten auf Nylonfäden aufzufädeln. Vor ihm stand ein Korb mit vielen weiteren Diamanten, die darauf warteten, zu den anderen an die Decke gehängt zu werden. Die Gegenwart des Vaters strahlte Ruhe und Frieden aus.

Er grüßte mich und erklärte mir: „Dies ist ein ganz besonderer Raum, den ich sehr schätze! Es ist der Raum der Tränen. Er ist in deinem Herzen. Ich sammle Tränen! Jede Träne, die du weinst, fange ich auf und hänge sie hier auf. Ich kenne jede Träne, die hier hängt. Ich habe sie gezählt! Ich weiß genau was der Grund war, weshalb du sie vergossen hast. Ich habe sie hier aufgehängt damit sie zusammen zu einem wunderschönen und kostbaren Kunstwerk werden. Wenn das “Licht meiner Liebe” deine Tränen berührt, beginnen sie zu funkeln. Sie brechen das Licht in den unterschiedlichsten Farben. Ohne meine Liebe sehen sie tot, kalt und unbedeutend aus. Doch wenn meine Liebe sie bescheint, sieht man ihren Wert, ihre Eleganz und ihre Kostbarkeit in meinen Augen.“
Jetzt sah ich es. Die Diamanten, die das Licht brachen, strahlten Würde und Eleganz aus. Sie verliehen dem Raum etwas Majestätisches. Es herrschte ein unbeschreiblicher Friede, der mich dazu einlud, hier zu verweilen und die Atmosphäre zu geniesen.
In Psalm 56 Vers 9 lesen wir:
Gott hat jede Träne von dir gezählt.
Jede, die heimlich auf die Erde fiel hat er gesehen. Jede Träne, die nicht geweint wurde, weil dir die Kraft zum Weinen fehlte. Jede Träne, die du heruntergeschluckt hast damit niemand sieht, wie verletzt du bist.
Gott der Vater kennt dich. Sein Herz blutet, wenn deines blutet. Er weint, wenn er deine Trauer und deinen Schmerz sieht. Er fühlt mit dir. Du bist ihm so unendlich wichtig, dass es ihm nicht egal ist wie es dir geht. Wenn du dich nicht verstanden und alleine fühlst, versteht er dich. Er kennt dein Herz besser als du es selbst kennst. Er sieht den Schmerz, den du vielleicht schon über Jahre in die hinterste Kammer deines Herzens verbannt hast.
Gib ihm heute dein Herz mit all seinen Narben und Verletzungen. Nur er kann dein Herz heilen.
Wenn extreme Herausforderungen im Leben kommen, greifen wir auf das zurück was tief in unserem Inneren ist. Womit du heute dein Herz füllst entscheidet, ob du dich morgen im Kampf bewährst.
Jesus war auch ein Mensch und nicht immun gegen Anfechtungen. In Matthäus 26 Vers 36-39 lesen wir: Dann kamen sie zu einem Olivenhain namens Gethsemane. Dort sagte Jesus zu seinen Jüngern: Setzt euch hier her und wartet, bis ich gebetet habe! Petrus, Jakobus und Johannes jedoch nahm er mit. Auf einmal wurde er von schrecklicher Angst und Grauen gepackt und sagte zu ihnen: “Die Qualen meiner Seele bringen mich fast um. Bleibt hier uns wacht!“
Das ist eine sehr extreme Aussage für den Sohn Gottes. „Die Qualen meiner Seele bringen mich fast um.“
Gethsemane bedeutet wörtlich Ölkelter oder Ölpresse. Eine Ölpresse extrahiert Öl aus Oliven. Eine Olive gibt Öl nicht von selbst ab. Erst unter hohem Druck kommt das Öl heraus. Unter Druck kommt das heraus, was tief in unserem Herzen ist, was unser Innerstes bewegt. Jesus betete weiter: „Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Jesus konnte in dieser Situation triumphieren, weil er nicht seinen Willen durchsetzen wollte, sondern den seines Vaters. Er vertraute Gott und wusste, dass Gott gut ist. Auch wenn sein Plan vorsah, dass Jesus am Kreuz sterben musste. Jesus war sich seiner Identität als Sohn Gottes bewusst. Er wusste, dass sein Vater immer die Kontrolle behalten und letztendlich siegen würde. Weil Jesus ganz seinem Vater vertraute, konnte er für uns am Kreuz sterben für alles was wir falsch gemacht haben und den Weg zu Gott dem Vater frei machen.
Vielleicht fühlst du dich gerade auch wie in einer Ölpresse. Du hast das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Die Angst lähmt dich und du kommst mit deinen Gefühlen nicht mehr klar. Geh zu Jesus und erzähle ihm was dich beschäftigt. Er versteht dich. Gehe mit Jesus zusammen durch die schwierigen Zeiten deines Lebens. Lass ihn nicht an der Tür deines Herzens zurück und versuche auch nicht, das Ganze irgendwie aus eigener Kraft durchzustehen. Daran wirst du früher oder später zerbrechen. In unserer Schwachheit ist er stark (2.Korinther 12,9). Gibt ihm die Kontrolle ab und lass ihn die Führung in deinem Leben übernehmen.
Auch wenn wir nicht alles verstehen was uns gerade passiert, lerne zu danken und deine Herzenshaltung wird sich verändern. Dann kannst du die Situation aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachten. Und vergiss nie: “Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.” Nichts kann dich von Gott trennen – nicht einmal der Tod. Das ist ein großer Grund zu danken!
Und wenn du dich gerade nicht in einer Ölpresse befindest, sondern vielleicht auf einer grünen, friedlichen Wiese, dann trainiere für den Kampf! Lass Gott dein Herz füllen. Rede mit ihm und lobe ihn für alles was er in deinem Leben tut und was er dir geschenkt hat. Lerne seinen Charakter kennen und was er über dich denkt.
Diese Dinge musst du tief in deinem Herzen verinnerlicht haben, wenn ein Sturm in deinem Leben auftaucht. Es ist so wichtig, dass dein Glaube fest verwurzelt ist in Gott und dass du Ihm vertraust und weißt, dass er einen guten Plan mit deinem Leben hat. Wenn Gott dein Halt ist, wird dich kein Sturm umhauen können.
Sei reich gesegnet!
Annika
Wow Annika, ich hab deinen Schmerz erlebt und gesehen wie du in dieser ganzen Zeit viel gekämpft und durchgehalten hast. Für mich bist du eine Heldin! Gerade deshalb weil du deinen Schmerz Gott hingehalten hast konnte er dir dieses wunderschöne Bild verständlich machen. Die Vorstellung dass es in meinem Herzen so einen Tränenraum gibt lässt mich staunen und zuversichtlich nach vorne blicken. Danke für dein Durchhalten und deine Treue zu unserem himmlichen Vater!!! Du bist ein Vorbild, schon jetzt.
Sei gesegnet
Steffen
Wow Danke!!!!!! Sehr schöne Gedanken zum Bild!!!!❤️❤️❤️ Danke dafür!
Freut uns mega! Sei reich gesegnet.